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Alles nur vorgetäuscht?

Wie viel von der Lust, die eine professionelle Dame zeigt, ist nun echt, wie viel davon vorgespielt? Das ist für viele Kunden wohl eine der drängendsten Fragen überhaupt.

Heiß diskutiert wird sie in Internetforen und auf Stammtischen. Viele Weisheiten werden da ausgetauscht. Und viel Blödsinn. Wahrlich amüsant ist es mitunter, mitzulesen, wenn die Kunden sich gegenseitig darin beraten, wie man die Echtheit eines Orgasmus prüfen könne. Wenn der Beckenboden zuckt beispielsweise. Wenn sie kurz die Luft anhält. Wenn sie stöhnt. Wenn ihr Körper zittert. Wenn sie dabei schielt. Hustet. Sich verschluckt. Ihr ein Fürzlein entfläucht. Und vieles mehr. Jaja, das seien untrügliche Indizien für einen echten Orgasmus!

Die Blackbox

Nun ja… als Frau kann ich ihnen hierzu nur ganz brutal die Illusion nehmen: Selbst das Zucken der Scheide ist mittels ruckartigen Anspannens der Beckenbodenmuskulatur willkürlich herstellbar. Es hat einfach niemand eine Chance, das zu erkennen. Niemals. Nur die Frau selbst weiß, wie viel von ihrer Erregung vorgespielt oder echt ist. Und das ist gut so. Kunden können sich bezüglich der Authentizität der Darbietung nie restlos sicher sein. Die professionelle Dame gibt sich ihm zwar hin, aber der Kunde kann sich nicht anmaßen, sie in irgendeiner Form persönlich beeindruckt oder gar „erobert“ zu haben. Denn sie lässt sich auf den Kunden ein, weil er bezahlt, und darauf kann er sich nichts einbilden, was irgendwie mit ihm persönlich im Zusammenhang stünde. Ihr Empfinden bleibt dabei im Dunkeln. Die Tatsache der Bezahlung lässt einfach keinen Schluss auf ihr Empfinden zu. Tut sie es aus Geilheit, oder nur des Geldes wegen, empfindet sie Freude über den Kunden, oder Mitleid, oder gar Verachtung für ihn? Man weiß es nicht. Man zermartert sich den Kopf darüber. Ganze Foren sind angefüllt mit verzweifelten Diskussionen von Kunden über diese Fragen (meist jedoch mit großem Komplexitätsverlust…??). Ihre Gefühlswelt, in der auch ihre Lust zuhause ist, ist ihre Festung, die nur ihr allein gehört. Nur sie kennt sich darin aus. Genau das macht die Hure so gefährlich und mitunter verhasst: Der Kunde weiß nie mit letzter Sicherheit, warum sie neben ihm liegt.

Das bedeutet aber nicht, dass man dem Kunden nie zeigt, ob und dass man Lust hat. Im Gegenteil. Aber das ist immer die Entscheidung der Frau. Die Entscheidung, welche Anteile meiner Empfindungen ich wie zeige, treffe ich mal mehr und mal mit weniger kognitiv. Mal eher situativ, mal mit mehr Planung. Manchmal weiß ich selbst nicht, warum ich einen Orgasmus vorgetäuscht habe – aber es ist ja egal, weiß ja niemand. Mir war in der Situation danach, also hab ich es einfach getan. Manchmal weiß ich rückblickend nicht einmal mehr, ob ich nun wirklich gekommen bin oder es vorgetäuscht habe – so hineinversetzen kann ich mich in das Gefühl eines Orgasmus, dass ich nachher fast glauben könnte, ich sei wirklich gekommen. Und so unwichtig ist das für mich letztendlich. Die Freiheit der Hure besteht ja auch darin, dass sie meist genügend sexuelle Begegnungen hat, sodass vereinzelte unbefriedigende Zusammenkünfte nicht ins Gewicht fallen. Es ist schlicht egal, wenn man mal nicht kommt. Ist die Buchungslage sehr gut, wäre es ja auch viel zu anstrengend, dauernd zu kommen. Wichtig ist nur, dass in der Gesamtschau eine sexuell befriedigende Lebensführung zustande kommt. Und das ist mit den vielfältigen Begegnungen, die man als Escort erlebt, gesichert.

Die Freiheit zur Gleichgültigkeit

Schön und machtvoll erlebe ich auch die Tatsache, dass das weibliche Geschlecht immer einsatzfähig ist. Es muss nur geschmiert sein. Ich muss manchmal regelrecht schmunzeln, wenn mir bewusst wird, dass ich gerade darüber nachdenke, wann ich den nächsten Blogbeitrag schreiben kann, was ich am Abend koche, wo wir am Wochenende hinfahren… während ich gerade einen Penis in meiner Scheide habe, den ich zur größten Wonne des Kunden mit ebendieser auf- und ab massiere. Ich muss nicht einmal erregt sein – ficken kann ich jedoch immer.

Auch das ist Ausdruck meiner Freiheit, denn meine Empfindungswelt ist meine Bastion. Meine Lust geht niemanden außer mir was an, und genauso meine Gleichgültigkeit. Das kann ein Mann nicht von sich behaupten. Eine Frau dagegen ist immer imstande, zu tun, was sie will: Zum Beispiel über das Abendessen nachzudenken, während sie Sex hat. ?

Der verheimlichte Orgasmus

Weniger bekannt, aber auch relativ regelmäßig kommt die gegenteilige Täuschung aus einer ganz anderen Richtung vor, völlig unerwartet: Nämlich, dass ich mein Nicht-Kommen vortäusche! Ich verheimliche dem Kunden manchmal tatsächlich einen Orgasmus. Das tu ich vor allem dann, wenn ich den Verdacht hege, dass er sich was darauf einbildet, wenn er mich zum Kommen bringt. Er hat aber kein Recht darauf, zu wissen, ob ich komme. Es ist mir dann ein stilles Vergnügen, ihn für mich schwitzen und arbeiten zu sehen, während ich mich ganz bewusst entspanne und die Wellen des Orgasmus unmerklich durch meinen Körper rauschen lasse, herrlich! Vielleicht entscheide ich dann zum Schluss doch noch, dass er eine Befriedigung seines Bedürfnisses, mich zum Kommen zu bringen, erleben darf und spiele es ihm zum Ende hin eben doch noch vor. Damit er auch was hat davon, großmütig wie ich bin. ?

Auch aus anderen Gründen hab ich einige Male den Orgasmus erst verheimlicht, um ihn dann kurze Zeit später vorzutäuschen. Das war zum Beispiel ein paar Mal der Fall, als ich bemerkte, dass der Orgasmus bei mir und beim Kunden gleichzeitig anzufahren beginnt. Das wäre in den Augen der meisten Kunden eher unglaubwürdig, das hätten sie mir wohl nicht abgenommen. Also hab ich mir jede Regung des tatsächlichen Orgasmus verkniffen und stattdessen die Performance für ihn ein bisschen später finalisiert. Hat ja fast gestimmt – nur beim Zeitpunkt hab ich ein bisschen getrickst.

Er besorgt es mir – haha!

Es ist im Übrigen auch ein völliger Trugschluss, wenn Männer sich einbilden, es hätte irgendwas mit ihrer Leistung zu tun, ob eine Frau kommt. Dieses Motiv begegnet mir in Anfragen immer wieder, wenn Männer mir in blumigen Worten versprechen, mich so zu „verwöhnen“ (meist ist damit ein eher schlechtes Schlabberprogramm gemeint), sodass mir quasi gar nichts anderes übrigbleibt, als zu kommen. „Mehrfach“ wahrscheinlich auch noch, sodass mir Hören und Sehen vergeht. Gäääääähn. ? Das ist dieses alte, oft bemühte Motiv des aktiven Mannes, der bei der passiven Frau Reaktionen auslösen kann, die nur er alleine zu steuern vermag. Er tut und sie wird getan. Er besorgt es ihr so richtig, da kann sie gar nichts dagegen machen. Aha.

Nun ja, richtig ist vielmehr, dass ich mir meinen Orgasmus selbst gönne. Es ist dabei relativ egal, was der Mann dafür tut. Ich komme dann, wenn ich mich dazu frei genug fühle, ich mich wirklich entspannen kann und ich mir das Kommen nun selber zugestehe. Allein meine Bereitschaft zu kommen ist es, die mir den Orgasmus ermöglicht. Erscheint mir der Mann zu bemüht, mich zum Kommen zu bringen, geht es meistens sowieso nicht. Umso mehr der Imperativ zu spüren ist, dass ich kommen soll, umso weiter rückt der Orgasmus in die Ferne. Umso mehr er gewollt wird, umso unwahrscheinlicher wird er. Erst dann, wenn ich das ganze Sollen und Müssen vergessen kann, wenn mir das alles letztendlich egal wird, weil mich der Mann mit seiner Sympathie, Offenheit, Herzlichkeit und Leichtigkeit davon ablenkt und die Situation eine gute erotische Spannung hat, tja dann ist es oft plötzlich ein ganz Leichtes.

Die hinterlistigen Gründe des Kommens

Kunden wären manchmal auch überrascht, aus welchen Gründen ich komme. Welche schrägen Fetische ich zum Teil habe. Es gibt Situationen, da gibt mir irgendein Detail den letzten Kick zum Orgasmus. Manchmal sind das sogar Details, die für den Mann nicht gerade schmeichelhaft wären…? Gerade Dinge, die eigentlich als unschön gelten, machen mich in bestimmten Situationen oft erst so richtig scharf. Irgendwelche Nebensächlichkeiten, vielleicht die groteske Art und Weise, wie er gerade dreinschaut, oder wie er daliegt. Oder wie seine Eier gerade wackeln. Oder dass ich eine schlecht rasierte Stelle gefunden hab. Oder es ist der Blick zum Geldkuvert auf dem Nachttisch. Auch dieses hat schon das eine oder andere Mal als Orgasmusbeschleuniger fungiert.

Ich schlafe mit mir selbst

Manchmal komme ich auch nur aus rein narzisstischen Gründen. Ich schlafe manchmal eher mit mir selbst als mit dem Kunden. Der Kunde ist hierbei mitunter nur ein Mittel zum Zweck, damit ich mich selbst beim Sex erleben kann. Ich spüre mich selbst, nehme meinen Körper so wunderbar wahr, weil ein anderer Körper da ist, an dem ich mich reiben kann, gegen den ich mich drücken kann. Ich spüre meine eigenen Brüste, kann sehen, wie meine Nippel sich aufstellen. Ich stell mir vor, wie mein Arsch jetzt von hinten aussieht, während ich ihn reite… (ohhh… das erregt mich sogar jetzt, wenn ich diese Worte niederschreibe. Ich denke, ich werde nachher noch masturbieren.) Und schon ist es passiert, die kurze Ewigkeit flackert grell auf explodiert in meinem Schoß. Wer da nun unter mir liegt und was diese Person sich vielleicht einbildet „mir zu besorgen“, ist mir in diesem Moment relativ egal. Du warst gar nicht wirklich da. Ich war wunderbar mit mir allein, aber du hast mir das ermöglicht – Danke!

Empfehlung: Das Nichtwissenkönnen anerkennen

Es gibt also NICHTS, was ein Kunde leisten könnte, um mich zum Kommen zu bringen, wenn ich das nicht will, gerade nicht mag, gerade nicht kann, es mich nicht freut. Es liegt einzig und allein in mir, ob ich komme oder nicht. Und ob ich das zeige oder nicht. Es liegt in meiner Bereitschaft, in meinen Phantasien, in meinem Körpergefühl für mich selbst, manchmal in meinen Fetischen. In diese meine innere Welt der Lust kann niemand hineinsehen. Und das ist auch gar nicht notwendig. Kunden sind gut beraten, wenn sie das Nichtwissenkönnen über meine Lust einfach als gegeben hinnehmen, als Nichtwissenmüssen. Aber ohne dass diese Erkenntnis in Verachtung umschlägt („is ma wurscht“), sondern in Entspannung, in Loslassen des Kontrollierenwollens, Determinierenwollens. Dann kann es für beide wirklich gut werden. So, und jetzt geh ich masturbieren. ❤

6 Kommentare
  1. Karl Pressl
    Karl Pressl sagte:

    Wie Phorus es geschrieben hat allein der Text und die Ausdrucksweise ist schön erregend.
    Und jeder Freier der glaubt eine Sexworkerin befriedigen zu können hat schon verspielt.
    In dem Sinne noch Liebe Grüße Karl

  2. Thorja von Thardor
    Thorja von Thardor sagte:

    Echt, hat Phorus das geschrieben? Und hab ich das geschrieben? ? Es ist halt nicht jedem vergönnt, gell? Aber ok. ?

  3. Karl Pressl
    Karl Pressl sagte:

    Hätte eh lesen heißen sollen und ich habe mich da nicht richtig ausgedrückt und den Satz falsch formuliert .
    Noch liebe Grüße Karl

  4. Klaus
    Klaus sagte:

    Danke, wie entlastend ist diese Erkenntnis doch für uns Männer. Wir glauben ja immer, leisten zu müssen, imponieren zu müssen, es ihr besorgen zu müssen, usw. Das Symbol dafür ist der immer harte große Schwanz. Das ist so falsch, unmöglich und selbstzerstörerisch für Männer. Mit dieser Erkenntnis Thorja, kann ich als Mann erst richtig entspannt Sex haben, denn das macht dann nicht nur mich geil sondern eben auch meine Partnerin. So einfach wäre es. Jeder ist für seine Lust selbstverantwortlich, ob Frau oder Mann, denke ich. Können wir uns das nicht endlich gegenseitig zugestehen? Alles könnte viel entspannter und lustvoller werden. Danke nochmal für deinen tollen Input Thorja. ??

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