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Recht und Gesetz: Bitte um Unterstützung für IBUS

IBUS ist eine wichtige Einrichtung zur politischen Arbeit für Sexworker. Insbesondere setzt IBUS sich dafür ein, strukturelle Gewalt gegen Sexarbeitende sichtbar zu machen und in den öffentlichen Diskurs zu bringen. Es wird immer viel über Gewalt gegen Sexarbeitende gesprochen, in den meisten Fällen glauben Außenstehende dabei aber, die Gewalt drohe uns hauptsächlich von den Kunden. Die Wahrheit sieht ganz anders aus. Nicht individuelle Gewalt ist es, die uns das Leben schwer macht, sondern strukturelle. Davon spricht man etwa, wenn Gesetze so ausgestaltet sind, dass sie Ausbeutungsstrukturen begünstigen. Das ist zB dann der Fall, wenn Gesetze uns verbieten als Escort zu arbeiten und uns Sexarbeit nur in Bordellen erlauben, da dies angeblich sicherer sei. Escort ist im übrigen nur in vier Bundesländern erlaubt! Ich hatte einfach Glück, dass ich angefangen habe, in Wien und NÖ tätig zu sein, wo das erlaubt ist. Manche Behörden arbeiten auch sehr willkürlich und schreiben den Sexarbeitenden etwa vor, dass sie nur in bestimmten Bordellen arbeiten dürfen. Hierzu wird das jeweilige Bordell auf der sog. Kontrollkarte vermerkt. Wird die Sexarbeiterin damit in einem anderen Bordell oder bei einem Escorteinsatz erwischt, gibt es Strafe. Daraus folgt, dass sie von einem einzigen Bordellbetreiber abhängig ist, von seinem Goodwill. Das widerspricht der freien Arbeitsplatzwahl, die uns eigentlich garantiert ist.

Die Gesetze ermöglichen uns kein selbstbestimmtes Arbeiten, immer aus vorgeblichen Gründen des “Schutzes”. Einmal ist Escort verboten, ein anderes Mal muss man sich für ein bestimmtes Bordell entscheiden, man darf Kunden nicht bei sich empfangen, man darf unter keinen Umständen selbst ein Hotelzimmer zur Verfügung stellen, man muss in manchen Bundesländern schauen, dass man bei einem Escortbesuch irgendwelche Distanzen zu öffentlichen Einrichtungen nicht unterschreitet, was völlig hirnrissig ist, etc. Lauter Verbote, die sich gegen die Sexarbeitenden selbst richten und die zu Strafen für die Sexarbeitenden führen. Aber was soll all das mit Schutz zu tun haben? Wenn man jemanden schützen möchte, so muss man doch zuallererst dessen Rechte sichern, und nicht Handlungsoptionen einschränken.

Die Gesetze über die Sexarbeit werden NIE unter Miteinbezug von Sexarbeitenden gemacht, sondern immer von Fachfremden, die keine Ahnung von unserer Lebensrealität haben. Es ist für mich beispielsweise überhaupt nicht nachvollziehbar, warum nicht ich mal ein Hotelzimmer buchen darf, um einen Kunden dorthin einzuladen. Das wäre schon oft praktischer für uns beide gewesen. Ich hätte gerne auch mal einen Kunden mit einem besonders schönen Zimmer überrascht. Was soll daran verwerflich sein? Warum mach ich mich da gleich strafbar? Was soll das mit meinem Schutz zu tun haben? Inwiefern erfahre ich Schutz durch diese Strafe, und wovor überhaupt?! Das ist doch nur eine Einschränkung meiner Handlungsoptionen und eine unverständliche, diffuse Bedrohung für mich. Es passiert eher das Gegenteil von Sicherheit: Ich bekomme dadurch Angst vor der Polizei! 

Und über die Zwangsuntersuchung haben wir dabei noch gar nicht gesprochen: Alle 6 Wochen sollen Sexarbeitende sich in Österreich einer vaginalen Untersuchung unterziehen, deren Absolvierung auf der sog. Kontrollkarte vermerkt wird. Aber: Wenn es – angeblich – um die “Volksgesundheit” geht (ein überaus bedenkliches Wort, wie ich finde), dann bedeutet das, dass wir Sexarbeitenden als sowas wie Volksschädlinge gesehen werden. Anders ist es folgerichtig nämlich nicht zu erklären, dass die Zwangsuntersuchung nicht für alle sexuell Aktiven vorgeschrieben ist. Geht man wirklich davon aus, dass es sowas wie die “Volksgesundheit” gibt, und geht man weiter davon aus, dass man diese durch vorgeschriebene Untersuchungen in bestimmten Intervallen stärken könne, dann wäre die logische Folge daraus: Alle sexuell Aktiven müssen sich dieser Untersuchung unterziehen. Aber: Das widerspräche grundlegenden Menschenrechten. Im Falle von Sexarbeitenden werden also Menschenrechte mit Füßen getreten. An ihnen haftet offenbar etwas, was die Volksgesundheit ganz besonders von innen zerfrisst, so sehr, dass man nicht mal ihre Menschenrechte wahren muss. Doch was soll das sein? Dass Geld den Besitzer wechselt? Macht das Krankheiten etwa gefährlicher als wenn man gratis vögelt? Auf all das bekommt man keine Antworten. Das wird einfach so gemacht. Österreich ist eines der letzten Länder, welches diese Art von Untersuchung noch vorschreibt. In fast allen anderen Ländern, die ein ähnliches Konzept verfolgten, wurde diese Untersuchung bereits als menschenrechtswidrig abgeschafft. Und außerdem stellt sich mir die Frage:

Wenn es angeblich um Gesundheit geht – warum darf dann ein Polizist meine Kontrollkarte überprüfen? Was gehen die Polizei meine medizinischen Daten an? Auf diesen Einwand wird meist entgegnet: Die Polizei hat deswegen Kontrollrecht medizinischer Daten, weil es dabei um die Arbeit gegen Menschenhandel gehe. Sexarbeit sei ja ganz eng verbandelt mit Ausbeutung und Menschenhandel. Aha! Da tut sich aber das nächste Verständnisproblem auf: Wenn es um Menschenhandel und Aufenthaltsstatus etc geht…. warum um alles in der Welt muss man mir hierzu in die Scheide schauen? Was meint ihr da drinnen zu finden? Die Unterschrift meines Menschenhändlers? Einen Plan der Route, wie ich illegal nach Österreich eingewandert bin? Meinen Reisepass? Schwarzgeld? Egal, wie man versucht, die Zwangsuntersuchung zu rechtfertigen: Es funktioniert nicht. Sie ist schlicht Schikane, nichts weiter. Ein sozialer Statusanzeiger: Es wird uns damit gezeigt, wo wir stehen: Wir sind nicht ganz vollwertige Menschen, denen man vorschreiben kann, dass sie sich in die Scheide schauen lassen müssen. Das ist der wahre Kern der Sache. 

Statt Gesundheit zu fördern, geschieht das Gegenteil: Die Zwangsuntersuchung motiviert manche einfach gestrickten Kunden dazu, unsafe Praktiken zu fordern. Die Haltung lautet ungefähr so: “Ich bin zahlender Kunde, und die Nutte muss eh kontrolliert sein, also will ich ohne Kondom”. Das ist täglich in Freierforen nachzulesen. Es ist also mehr als deutlich, dass die Verantwortung einseitig den Frauen zugeschrieben wird. Manche Kunden glauben sich durch die Zwangsuntersuchung also von jeglicher Mitverantwortung befreit und handeln dementsprechend verantwortungslos. Auch DAS ist leider täglich in Freierforen nachzulesen. (Exkurs: Das ist aber zum Glück nur eine ganz bestimmte Klientel. Meist die Schnorrerpartie, die in den Foren am weitesten die Pappn aufreißt. Weil warum schreiben sie in Foren? Weil sie wissen wollen, wo es am billigsten ist, wo man am meisten “Service” (a, b, c, d, e, f…) gegen Betrag x bekommt. Deshalb wichtige Bemerkung am Rande: Freierforen bilden NICHT die Gesamtheit der Kundschaft ab. Die weit überwiegende Mehrheit weiß diskret zu sein und begibt sich nicht in solche Niederungen.)

Das Ergebnis, zu dem die Zwangsuntersuchung führt, ist katastrophal für die proklamierte “Volksgesundheit”. Richtiger wäre: In einer intimen Begegnung wissen BEIDE, dass ein grundsätzliches Ansteckungsrisiko besteht, nona. Deswegen übernehmen beide die Verantwortung FÜREINANDER und schützen sich selbst und die andere Person bestmöglich. DAS wäre ein Beitrag zur “Volksgesundheit”. Und DAS wird auch so gehandhabt in der alltäglichen Sexarbeit. Weil die Frauen und Männer, die darin arbeiten, Selbstverantwortung übernehmen. Und weil die meisten Kunden eben nicht die oben geschildeten Arschlöcher sind, für die sie von Außenstehenden (oft auch aufgrund dessen, was in Freierforen so zu lesen ist) gehalten werden. Die allermeisten Kunden übernehmen ganz selbstverständlich genauso Verantwortung wie wir. 

Selbstverantwortung kann man dann am besten übernehmen, wenn man frei ist und nicht von Verboten umzingelt, sodass nur ganz wenige Handlungsoptionen übrigbleiben. Deshalb wäre es wichtig, dass Sexworker in ihren Rechten gestärkt werden. Denn eins muss euch immer bewusst sein: Einer bestimmten Gruppe Rechte zu nehmen, bedeutet immer: Das kann grundsätzlich auch einer anderen Gruppe widerfahren. Das kann grundsätzlich auch euch, die ihr dies lest, widerfahren. Deshalb sind die Rechte von Sexworkern auch eure Rechte. Und deshalb möchte ich euch bitten, hier unter diesem Link IBUS zu unterstützen: 

 

Frei + unabhängig = Independent Escort Wien

1 Kommentar
  1. Silberrücken
    Silberrücken sagte:

    DANKE!
    … für diese “Brandrede”!
    DANKE, dass Du die strukturelle Gewalt, mit der Sexarbeitende konfrontiert sind, so klar benennst.

    … und DANKE, dass Du “Werbung” für IBUS machst!

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